Inhalt: Bei einer Jahrhundertflut an der Nordsee brechen die Deiche der Elbmarschen nordwestlich von Hamburg. Die meisten Einwohner verlieren alles, zurück bleibt nur Verwüstung. Die Räumung des Gebiets wird staatlich angeordnet, doch eine Gruppe um den Deichhauptmann Thies Cordes will bleiben und ruft einen eigenen Staat aus: »Koogland«. Cordes allein entscheidet, wen er aufnimmt. Die Krankenschwester Lara darf bleiben, denn medizinisches Personal wird dringend benötigt. Was Cordes nicht weiß: Lara will herausfinden, was mit ihrer Schwester Alina geschah, die vor Kurzem in Koogland spurlos verschwand …
Rezi: Als ich den Klappentext zu "Koogland" gelesen habe, war ich gleich begeistert. Das klingt doch mal toll: Eine Dystopie, die in Deutschland spielt und irgendwie gar nicht so weit weg und unwahrscheinlich klingt.
Die Geschichte beginnt gleich mitten in der Jahrhundertflut. Der Leser begleitet Thies und Thorsten beim Schutz des Deiches und bei der Evakuierung der Bewohner der Köge, die ihre Höfe eigentlich nicht verlassen wollen, aber müssen, um ihre Leben zu retten. Leider kann nicht jeder gerettet werden.
Gleich danach lernen wir Lara kennen, Krankenschwester in Berlin und Schwester von Alina, die nach der Flut in den Kögen, die eigentlich geräumt werden sollen, ein neues Zuhause gefunden hat. Seit Monaten schwärmt sie Lara vom Leben auf dem Hof und in der Gemeinschaft vor. Aber da stößt sie bei ihrer großstadtliebenden Schwester auf taube Ohren. Als dann aber plötzlich der Kontakt abbricht, reist Lara in die Köge und ist bald mittendrin. Lara ist ein Großstadtmädchen durch und durch. Das merkt man immer wieder. Gleichwohl ist sie ein herzensguter Mensch, weil sie ohne zu Zögern sich auf die nicht ganz ungefährliche Suche nach ihrer Schwester macht. Sie ist aber taff und selbstbewusst, etwas, womit die Bewohner der Kögen nicht unbedingt etwa anfangen können. Mir hat sie sehr gut gefallen, weil sie sich durchboxt und nichts gefallen lässt.
Thies Cordes scheint der geborene Anführer. Die Kögen, die eigentlich geräumt werden sollen, um zukünftig als Pufferland zwischen Nordsee und den größeren Städten dienen soll, baut er mit gut 200 weiteren Bauern wieder auf. Stück für Stück. Sein Traum: eine eigenständige Bauernrepublik. Er ist ein sehr zielsicherer Mensch, der aber auch für sein Ziel einige Moralvorstellungen über Bord wirft. Mir war er unsympathisch, weil er in meinen Augen skrupellos und vor allem auch unehrlich ist.
Die Idee des Autors, direkt in Deutschland einen unabhängigen Staat zu gründen, weil eine Gruppe Bauern sich nach einer Flut, die ihnen ihre Existenzgrundlage genommen hat, von der Regierung im Stich gelassen fühlt, fand ich super interessant. Gerade aktuell zu Zeiten der großen Unzufriedenheit. Ein gar nicht so unwahrscheinliches Szenario. Allerdings muss ich sagen, dass die Suche von Lara nach ihrer Schwester sehr viel Raum einnimmt. Natürlich erfährt man dadurch auch viel über das Zusammenleben der Gemeinschaft, aber ich wäre da gerne noch tiefer eingetaucht. Hier verschiebt sich immer mal wieder der Schwerpunkt der Geschichte. Gut fand ich, wie der Autor Lara agieren, denken und fühlen lässt. Auch wenn sie eigentlich die Gründung eines Staates für unsinnig findet, erfährt sie, was Zusammenhalt und auch Verlässlichkeit heißt. Das gefällt ihr schon recht gut. Sie ist immer wieder hin- und hergerissen, was ihre Meinung zu den Bauern betrifft. Das lässt durchaus auch den Leser schwanken und vor allem regt es zum Nachdenken an. Was wäre wenn ... Könnte es funktonieren?
Das Ende hat mich dann aber enttäuscht. Für mich war es einfach in so vielen Dingen klischeebehaftet, dass es schon wehgetan hat. Hier kann ich jetzt keine Beispiele nennen, ohne zu spoilern. Sehr schade, denn insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Ein etwa ausgeklügelteres Ende hätte das Ganze dann richtig schon abgerundet. Trotzdem kann ich das Buch empfehlen.
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